Das Kärnten - E-Book

DAS KÄRNTEN AKTUELL 14 Die Wahl ist geschlagen. Die Mandate sind verteilt. Nun geht es um die nächste Bundesregierung. Und da wird es spannend. Denn es geht in den kommenden Koalitionsverhandlungen sowohl darum, was sich rechnerisch ausgeht, als auch darum, was realpolitisch möglich ist. Nach Stand am Wahlabend hat die ÖVP 52 Mandate (-19). Die FPÖ 56 (+25). Die SPÖ 41 (+1). Die Grünen 16 (-10) und die Neos 18 (+3). Für eine parlamentarische Mehrheit sind insgesamt 92 Mandate notwendig, da das Parlament 183 Abgeordnete hat. Eine stabile Mehrheit hätte demnach etwa die FPÖ gemeinsam mit der ÖVP, die auf 108 Mandate kommen würde. Ebenso denkbar eine Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos, die es auf 111 Mandate bringen würden. Auf den Punkt genau würde es eine Vereinigung von ÖVP und SPÖ schaffen. Nämlich genau 93 Mandate. Doch das wäre unglaublich riskant. Würden nämlich nur zwei Abgeordnete krank oder aus sonstigen Gründen nicht bei einer Nationalratssitzung anwesend sein, würde diese Regierung in der Sekunde platzen. Das traut sich niemand. Bleibt noch eine Koalition aus FPÖ und SPÖ, die es rein rechnerisch auf eine stabile Mehrheit von 97 Mandaten bringen würde. Doch das ist unter den derzeit handelnden Personen undenkbar. Ein entscheidender Faktor bei der Regierungsbildung ist auch noch der Bundespräsident, der die künftige Regierung angeloben muss. Und da haben wir in der Vergangenheit gesehen, dass es durchaus zu Problemen kommen kann. So hat sich etwa Thomas Klestil im Jahr 2000 geweigert einen Minister Hilmar Kabas oder Thomas Prinzhorn anzugeloben. Die FPÖ musste Ersatzkandidaten nominieren. Ebenso hat sich Alexander van der Bellen 2019 geweigert, einen Minister Harald Vilimsky ins Amt zu heben. Derzeit hält sich der Bundespräsident noch zurück und hat in einem ersten Statement nach der Wahl offengelassen, wen er mit der Regierungsbildung beauftragen wird. Das war nicht ungeschickt von ihm, denn in Wahrheit braucht es diesen Regierungsbildungsauftrag gar nicht. Wenn sich zwei oder drei Parteien auf ein Regierungsprogramm einigen können, bleibt dem Bundespräsidenten gar nichts anderes übrig, als diese auch anzugeloben. Lediglich bei der Personalauswahl der Minister kann er noch mitreden. Nun liegt der Ball bei den Parteien. Sie müssen miteinander verhandeln und sich auf ein tragbares Regierungsprogramm einigen. Das Ergebnis liegt auf dem Tisch. Die FPÖ hat klar und deutlich gewonnen. Alle anderen haben verloren. Das hat zur Folge, dass es in den Verliererparteien zu internen Personaldiskussionen kommt. Ein Bundeskanzler und Parteichef Karl Nehammer, der mit mehr als 11 Prozent minus, den größten Verlust der ÖVP bei einer Wahl eingefahren hat, muss sich genauso wie SPÖ-Chef Andreas Babler, der das schlechteste Ergebnis in der Geschichte seiner Partei erzielt hat, den Parteigremien stellen. Und da geht es einzig und allein um Macht, Posten und letztendlich auch um Geld. Es ist also durchaus möglich, dass sowohl die ÖVP als auch die SPÖ demnächst ihren Chef wechselt. Wenn das passiert, werden die Karten im Koalitionspoker neu gemischt. Dann kommt es darauf an, wer die neuen Gesichter an der Spitze der beiden Parteien sind, und ob diese ebenfalls eine Koalition mit der Kickl-FPÖ ausschließen. Was man derzeit so aus Insiderkreisen der SPÖ hört, dürfte der gescheiterte Spitzenkandidat Andreas Babler jedenfalls Geschichte sein. Hier werden offen Nachfolgekandidaten wie Peter Hanke, Sven Hergovich oder Georg Dornauer gehandelt. Aber auch Gewerkschaftsgrößen wie Peppo Muchitsch. Ein klassischer Flügelkampf, dessen Ausgang ungewiss ist. Nicht auszuschließen ist dabei jedenfalls eine Koalition mit der FPÖ. Denn alle der genannten sind mit den Inhalten der Freiheitlichen kompatibel. Das Problem dabei ist nur die eigene Partei, die sich durch die sogenannte VranitzkyDoktrin immer noch selbst lähmt, indem sie eine Zusammenarbeit mit der FPÖ kategorisch ausschließt. Will die SPÖ aber jemals wieder in einer Bundesregierung vertreten sein, so wird ihr unter den derzeitigen Bedingungen wohl nichts anders überbleiben, als sich von dieser selbst auferlegten Barriere zu verabschieden. Ganz ähnlich die Situation in der ÖVP, die aus dem Wahlabend als größter Verlierer hervorgegangen ist. In jedem anderen Land der Welt würde ein Kandidat, der mehr als 11 Prozent und den ersten Platz verliert, in der Sekunde zurücktreten. Nicht so bei der ÖVP, die diesen historischen Verlust noch als Erfolg feiert. Denn es hätte ja noch schlimmer kommen können. Sollte die ÖVP diesen Kurs weiter beibehalten, wird es auch noch schlimmer kommen. Denn in knapp zwei Wochen, am 13. Oktober, sind im schwarzen Kernland Vorarlberg Landtagswahlen. Und da liegt die ÖVP nur mehr hauchdünn vor der FPÖ. Gefolgt von den Landtagswahlen in der Steiermark am 24. November 2024. Und da liegt die FPÖ deutlich vor der derzeit regierenden ÖVP samt ihrem farblosen Landeshauptmann, Christopher Drexler. Wenn der ÖVP also nicht schnell etwas einfällt, dann wird es wohl in Vorarlberg eine schwarz-blaue Koalition und in der Steiermark einen blauen Landeshauptmann geben. Der Wählerwille ist klar. Das Volk will einen Richtungswechsel. Und den sieht man in der Politik eines Herbert Kickl und seiner FPÖ. Wer das negiert, wird à la longue scheitern. Koalitionsverhandlungen werden spannend und ein riesiger Poker Das Ping-Pong-Spiel – Kickl nicht versus Nehammer nicht – schadet nur Österreich. Realpolitisch führt kein Weg an der FPÖ in Regierung vorbei.

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